Insgesamt fünf lernreiche Arbeitstage führten zu einem intensiven Austausch. Immer wieder sind wir überwältigt, was das EU-Projekt Erasmus+ bewegt: Verschiedene Bildungseinrichtungen wie Kindertagesstätte, Hort, Förderschule und Grundschule wurden besucht, um unterschiedliche Formen der Ganztagsbetreuung in Polen kennenzulernen. Ein besonderer Fokus unserer Lernaktivität lag auf dem Bereich der Inklusion. Tief bewegt hat uns das Engagement, mit welchem die Kolleg*innen die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendliche betreuen. So haben wir einen intensiven Einblick in die Arbeit unseres Projektpartners in Wejherowo – einem Förderschulzentrum – erhalten und Einrichtungen wie Kindergarten, Schule und Internat kennengelernt. In Erinnerung bleibt auch die Hingabe in der Arbeit von Ordensschwestern, die mit sehr begrenzten Mitteln Kindern und Jugendlichen einen guten Ort der nachmittäglichen Betreuung geschaffen haben. Auch das Interesse der Landrätin, die uns als Schulträgerin des Förderzentrums ins Rathaus eingeladen hat war bemerkenswert und zeugte von Anerkennung für Erasmus+ und ganztägiger Bildung.
Aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine schwang die Frage nach den geflüchteten Kindern und Jugendlichen im Bildungssystem immer mit. Aktuell sind ca. 2,5 Millionen Menschen aus der Ukraine nach Polen geflüchtet. Davon sind bisher ca. 150.000 Kinder und Jugendliche in polnischen Schulen eingeschrieben. Im Kreis Wejherowo wohnen zurzeit etwa 3.500 Ukrainer*innen. Über 300 davon besuchen bislang die Schulen im Kreis. Die Schüler*innen werden in den Regelunterricht aufgenommen und nach Möglichkeit durch Sprachkurse zusätzlich unterstützt. Die polnische Regierung hat innerhalb von kürzester Zeit umfassendes Unterrichtsmaterial für die Schulen entwickelt, um die Integration der Kinder und Jugendlichen zu unterstützen.
Überall haben wir Solidaritätsbekundungen mit der Ukraine gesehen: beispielsweise ausgedrückt durch selbstgestaltete Plakate in den Schulen, eine politische Fotoausstellung in der Marienkirche in Gdańsk oder auch Flaggen an öffentlichen Gebäuden. Die große Anteilnahme der polnischen Bevölkerung ist mit einem ängstlichen Blick gen Osten gepaart.
Im Alltag konnten wir die Herausforderung Spracheam eigenen Leib spüren. Ohne Übersetzungshilfe wären wir gescheitert. Die polnische Sprache lässt nur an wenigen Stellen Ableitungen zum Deutschen zu und selbst für übliche Anglizismen, wie beispielsweise dem Wort Computer, hat die polnischen Sprache eigene Wörter. Mit Händen und Füßen konnten wir uns verständigen und unsere Projektpartner haben immer wieder geduldig alles übersetzt und uns auch in die kulturellen Besonderheiten Polens und insbesondere Kaschubiens eingeweiht. Eine Stadtführung in Wejherowo ermöglichte uns hier ganz besondere Einblicke in die Geschichte und Kultur der Region. Der Ausflug nach Gdansk und Zoppot rundeten diesen kulturellen Blick auf die Herkunft unseres Projektpartners ab.
Wir reisen reich beschenkt nach dieser Zeit in Wejherowo ab. Neben der lernreichen Arbeit in der Gruppe konnten wir unter anderem erfahren, wie positiv sich das lange, gemeinsame Lernen (achtjährige Grundschule) und ein hoher Betreuungsschlüssel in der Förderschule auf die Lernentwicklung der Kinder auswirken. Unser Fazit ist: Die Beziehung zum Kind, zu den Erziehungsberechtigten und auch zwischen den Akteuren ist elementar für gute Bildung.